Archiv Berichte 5

Auf der MOORuse-Fläche bei Lampertshofen erklärte Leoni Henle vom Donaumoos-Team die Auswirkungen von moorschonendem Anbau auf den Torfkörper.



Das Donaumoos als Kulisse für einen jahrhundertelangen Interessenskonflikt

Exkursion von Donaumoos-Team und Bistum bietet Einblicke in Historie und Herausforderungen des Moores

 

Von der Gegenwart über die Siedlungsgeschichte bis hin in die Entstehungszeit des Donaumooses: Diesen Bogen haben das Donaumoos-Team und das Bistum Augsburg am Samstag bei einer Exkursion im Neuburg-Schrobenhausener Niedermoor gespannt. Trotz des nass-kalten Regenwetters nahm gut ein Dutzend Interessierter an der Tour teil.

 

Die Motivation der Teilnehmer fiel dabei recht unterschiedlich aus. Einige von ihnen wohnen im Donaumoos und wollten deshalb mehr über die Hintergründe der aktuellen Entwicklungen wissen. Andere kennen das größte Niedermoor Süddeutschlands aus ihrer Kindheit und sind für einen Tag gerne zurückgekehrt. Dabei bekamen sie ein umfangreiches Programm geboten, das mehrere Tausend Jahre Erdgeschichte umfasste. „Unser Ziel war, einen umfassenden Überblick zu bieten“, erklärte Sebastian Maier-Reichart vom Donaumoos-Team, der die Exkursion mit seiner Kollegin Leoni Henle leitete.

 

Dass dieses Thema nicht an einem Vormittag abzudecken ist, erkannten die Teilnehmer schon bei der Einführung im Haus im Moos im Karlshulder Ortsteil Kleinhohenried. „Denn das Donaumoos birgt sehr viele Interessenkonflikte“, erklärte Maier-Reichart und nannte neben dem Klimaschutz, der zunehmend in den Fokus rückt, auch die Bedeutung für die Landwirtschaft, als Siedlungsraum sowie für den Naturschutz und den Hochwasserschutz. All diese Themen gilt es nach den Worten des Fachmanns beim laufenden Entwicklungsprozess zu vereinen. Klares Ziel des Freistaats, der sich dem Niedermoor seit dem vergangenen Jahr verstärkt widmet und dazu das Donaumoos-Team als wichtigen Partner für den Donaumoos-Zweckverband ins Leben gerufen hat, ist dabei eine nachhaltige Entwicklung, wie Henle zu den Klimaschutzbemühungen der Staatsregierung betonte. „Alles beruht aber auf einem freiwilligen und kooperativen Ansatz.“ Diesen unterstützt auch das Bistum Augsburg, das laut seiner Umweltbeauftragten Andrea Kaufmann-Fichtner bis zum Jahr 2030 klimaneutral werden will. „Die Themen Klima und Energie sind dabei drängender denn je geworden“, sagte sie.

 

Zum Auftakt der Exkursion vermittelte Landkreisgästeführerin Christa Söllner der Gruppe bei einem Rundgang im Haus im Moos erst mal die langwierige und alles andere als einfache Siedlungsgeschichte. Dabei ging es neben der Moorsackung auch um die früher gängigen Berufsbilder wie Torfstecher und Korbmacher, an die sich einige Teilnehmer noch selbst erinnern konnten. Eine Lichtenauerin beispielsweise hatte in den 1960er-Jahren zwischen Pobenhausen und Probfeld noch den Torfstich erlebt.

 

Nach einer Mittagspause ging es zu zwei Stationen. Am Donaumoospegel bei Ludwigsmoos erklärten Henle und Maier-Reichart die Entstehung des Niedermoores sowie den Prozess der Moorsackung und die damit zusammenhängende Problematik. Denn durch die Ende des 18. Jahrhunderts auf Anweisung von Kurfürst Karl Theodor begonnene Trockenlegung des Donaumooses gelangt der im Torf gespeicherte Kohlenstoff nach und nach in die Atmosphäre und bildet klimaschädliches CO2. Pro Jahr sind es im Donaumoos laut den Fachleuten etwa 400.000 Tonnen CO2-Äquivalente, also auch Methan und Lachgas. Verlangsamen und sogar ganz stoppen lässt sich dieser Prozess durch ein Anheben des Grundwasserspiegels auf mindestens 30, im Idealfall bis zehn Zentimeter unter Flur. Gleich neben dem Pegel, der die Sackung seit dem Jahr 1836 zeigt, belegt ein Anwesen eindrucksvoll, wie rapide der Donaumoosboden verschwindet. Das Fundament des Gebäudes ragt ins Freie, Treppenstufen enden in der Luft. Ein Schicksal, das viele ältere Bauwerke im Donaumoos bereits erlebt haben. Oder das ihnen sogar noch größere Probleme bereitet hat, wie Maier-Reichart anhand der Klingsmooser Kirche erläuterte. Deren Vorgängerbau war Ende der 1970er-Jahre nach gerade mal 50 Jahren von der Sackung derart beschädigt, dass er abgerissen werden musste.

 

Auf besonders großes Interesse stieß schließlich die finale Station, die MOORuse-Fläche beim Berg im Gauer Ortsteil Lampertshofen. Dort erforscht die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf in Kooperation mit der Landesanstalt für Landwirtschaft und dem Donaumoos-Zweckverband wie der Anbau von Nasskulturen am besten funktioniert und welche Folgen dieser für das Klima hat. Rohrglanzgras, Seggen und Rohrkolben wachsen seit einigen Jahren auf der wiedervernässten Fläche, die dadurch auch für bedrohte Wiesenbrüterarten attraktiv geworden ist. Beispielsweise für den Großen Brachvogel und den Kiebitz ist das Donaumoos ein wichtiges Brutgebiet.

 

Gleichzeitig ging es auf der Fläche in die Tiefe – nämlich mit dem Bohrer. Mehrere Meter Torfschicht holten Maier-Reichart und seine Kollegen André Gramsch und Lorand Boksan auf diese Weise hervor, unter anderem ein mehrere Tausend Jahre altes Stück Erlenholz. Auch der Farbunterschied der Erde beeindruckte; denn je tiefer es in den Boden ging, desto bräunlicher wurde das Material. Die typisch schwarze Mooserde war hingegen nur oberflächennah zu finden, weil es sich dabei schon um stark mineralisierten und zudem vermulmten Oberboden handelt. Das Problem: Durch die Degeneration lässt diese Schicht das Regenwasser kaum mehr durch, sodass sich Staunässe bildet – was vor allem im vergangenen Jahr vielerorts im Donaumoos zu sehen war. Was aber für das Klima noch schlechter ist, da sich dann Methan bilden kann.

 

Zum Abschluss der mehrstünden Exkursion bekamen die Teilnehmer noch einige Muster für eine Verwertung der Pflanzen von der MOORuse-Fläche zu sehen. Diesen Ansatz verfolgen die Projektpartner mit dem Aufbau von Wertschöpfungsketten verstärkt. Klares Ziel dabei ist, den Landwirten im Donaumoos eine Anbau-Alternative für mögliche weitere Projektflächen zur Wiedervernässung anzubieten.

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