Archiv Berichte 10

Spannender Vortrag: Museumsleiter Fritz Koch nahm die Zuhörer mit auf eine Zeitreise durch die Donaumoosgeschichte. Der Abend fand im Rahmen der Reihe „Unser Donaumoos“ statt.

Ungebrochene Faszination des Donaumooses

Vortrag von Museumsleiter Fritz Koch wird zur spannenden Zeitreise durch mehrere Jahrhunderte Moorgeschichte

 

Die Geschichte des Donaumooses hat nichts von ihrer Faszination verloren. Das hat sich beim Vortrag von Museumsleiter Fritz Koch im Haus im Moos in Kleinhohenried deutlich gezeigt. Der Fachmann für die Moorhistorie spannte im Rahmen der Reihe „Unser Donaumoos“ des Donaumoos-Teams einen eindrucksvollen Bogen – von der Idee für die Besiedlung Ende des 18. Jahrhunderts bis hin zur heutigen Zeit mit all ihren Herausforderungen. Koch zeigte dabei kurzweilig auf, wie das heutige Gesicht des Donaumooses entstanden ist.

 

Wer denkt, ein Geschichtsvortrag zieht heutzutage kaum noch Publikum an, dem hat Fritz Koch klar das Gegenteil bewiesen. Der Historiker, der seit mittlerweile 30 Jahren im Donaumoos tätig ist und das Freilichtmuseum beim Haus im Moos mit aufgebaut hat, fesselte die gut 50 Besucherinnen und Besucher in der Umweltbildungsstätte von der ersten Minute an. Das lag nicht nur an der spannenden Materie und dem oftmals launigen Vortrag, sondern auch daran, dass der Referent den Großteil des Publikums seit vielen Jahren persönlich kennt. „Drei Viertel von euch sind alte Bekannte“, erklärte er, bevor er die Zuhörer mitnahm auf eine mehrere Jahrhunderte umfassende Zeitreise.

 

Dazu hatte Koch Unmengen an Anekdoten, Landkarten und Fotos mitgebracht, um einen Blick auf das Antlitz des Donaumooses von einst zu werfen. Neben einigen Ansichten typischer Dörfer – mit frappierender Ähnlichkeit zur Museumsstraße im Haus im Moos – gab es das Geburtshaus des berühmten Hygienikers Max von Pettenkofer in Lichtenheim und das Aretin-Haus in Karlskron zu sehen, ebenso die im Dritten Reich in Karlshuld entstandene Karl-Wahl-Siedlung, Vorläufer der heutigen Siedlung im Ortskern. Fotos aus der Zeit der Besiedlung Ende des 18. Jahrhunderts gibt es freilich nicht, wohl aber schriftliche Überlieferungen. „Das waren keine geraden Wiesen, sondern unebene Flächen mit Büscheln“, so Koch, der auch sprudelnden Quellen und einigen sandigen Dünen mit etwas mehr Bewuchs berichtete. Der damalige Berg im Gauer Pfarrer und Historiker Johann Jakob Lanz berichtete von einer „dampfigen Hitze im Sommer“. Dennoch war das Donaumoos für die umliegenden Dörfer in Teilen wertvolle Weidefläche – mehr aber wohl nicht. Vom Schorner Freiherrn Franz Xaver von Brutscher ist zudem eine Heuernte im Niedermoor überliefert. „Das war wohl unter dem Schnittgut so nass, dass die Arbeiter das Material raustragen mussten“, so Koch, der vermutet, dass vor Beginn der Besiedlung maximal ein Fußpfad durch das Donaumoos geführt hatte.

 

Die von Kurfürst Karl Theodor nach Vereinigung der beiden Kurfürstentümer Bayern und Pfalz Neuburg eingeleitete Trockenlegung des Moores beleuchtete Koch ausführlich. So erfuhren die Zuhörer, dass der Landesherr damals über eine eigene Kommission – und damit an der Münchener Politik vorbei – große Siedlungen errichten, kilometerlange Gräben anlegen und tausende Bäume pflanzen ließ. „Das war eine Planung am grünen Tisch, eine Illusion“, erklärte Koch, der auch nicht verschwieg, dass nach einem Jahr und dem Abschluss der Maßnahmen auf der heutigen Karlskroner Flur das Geld erst mal aus war. Die nächste Phase in Karlshuld lief daher auch über private Investoren, die allerdings die Grundstücke für die Siedler zu klein dimensionierten. „Karlshuld hat sich daher schwergetan und ist sozial abgestürzt.“ Eine Entwicklung, die erst Kartoffelanbau und Industrialisierung beendeten und damit auch den Torfstich ablösten.

 

Gleichzeitig verschwieg der Referent manches Gerücht um das Donaumoos nicht und räumte sogleich damit auf. Dass einst Verbrecher das Moor besiedelten, verbannte er ins Reich der Illusionen. Vielmehr hatten seinen Worten zufolge nach dem ersten Jahr der Trockenlegung Kleinkriminelle und arbeitsscheue Personen mithelfen müssen. „Das waren leichte Fälle und nicht mehr als 30“, sagte Koch. Aber: „Böse Zungen sagen noch immer, es waren mehr und die sind auch geblieben.“ Fakt sei jedoch, dass schon wenig später einfache Lohnkräfte die Arbeit im Donaumoos übernommen haben.

 

Der Fachmann spannte außerdem den Bogen in die Gegenwart – und zwar nicht ohne Kritik. Die Gründung des Donaumoos-Zweckverbands und das Entwicklungskonzept unter dem damaligen Landrat Richard Keßler waren in Kochs Augen wichtige Schritte in den 1990er-Jahren. Immerhin ging es dabei um nicht weniger, als Siedlungsentwicklung, Landwirtschaft und Naturschutz in einem Konzept zu vereinen. Nur: „Der große Wurf wäre es gewesen, wenn der Freistaat gleich groß eingestiegen wäre“, betonte er. Das hat München nun mit einem Fokus auf den Moorkörperschutz und damit den Klimaschutz sowie der Etablierung des Donaumoos-Teams nachgeholt. „Wir werden sehen, was daraus wird“, so Koch, der nicht verschwieg, dass „der Wohlstand des Donaumooses mit dem Torfkörperschwund erkauft“ worden ist. Für den Erhalt dieser gesellschaftlichen Strukturen braucht es aus seiner Sicht nun vor allem eines, nämlich neue Ideen.

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